Status Quo – Gefangen im Downswing

Was würde heute näher liegen, als über den Sieg von Hossein Ensan bei der WSOP zu schreiben? Da allerdings wahrscheinlich alle Feeds und Timelines in den sozialen Medien voll davon sind, möchte ich mich nicht noch einreihen. Die einzigen zwei Punkte, dich ich dazu sagen möchte sind:

  1. Herzlichen Glückwunsch an Hossein Ensan. Ich kenne ihn zwar nicht persönlich, aber ich habe als Deutscher natürlich an der Rail von zu Hause aus mitgefiebert und mich sehr gefreut, als Sieg perfekt war.
  2. Ist es wahrscheinlich der Traum von sehr, sehr vielen Pokerspielern, selbst einmal an der Spitze zu stehen und das prestigeträchtigste Turnier der Welt zu gewinnen. Da kann ich mich selbst natürlich nicht ausschließen. Ein weitaus realistischeres Etappenziel ist es momentan aber, überhaupt mal bei der WSOP live dabei zu sein und dort zu spielen. Dies ist eins meiner pokerspezifischen Ziele und wurde durch diesen Sieg von Hossein Ensan nochmals bekräftigt.

Eigentlich beschäftigt mich im Moment aber etwas anderes, das Thema Downswing. Ich habe im Februar mit der Raise Your Edge Masterclass begonnen und habe direkt einige Turniere gewinnen und ordentliche Cashes verbuchen können. Ich konnte meine Bankroll innerhalb von anderthalb Monaten fast verdoppeln.

Seit Anfang Mai ist allerdings so ziemlich „der Wurm drin“. Meine Bankroll hat sich wieder halbiert und ich bin auf ungefähr dem gleichen Stand wie im Februar. Das ist sehr frustrierend, weil man keine monetäre Verbesserung sieht. Zusätzlich kommt seit Start des Blogs noch hinzu, dass ich mich mehr beobachtet fühle als zuvor. Ich war vorher ziemlich anonym, keiner hat sich dafür interessiert, wie Pferdinho so abschneidet. Jetzt lesen ziemlich viele (in meinen Augen^^) Menschen meinen Blog, meine Freunde aus dem privaten Umfeld werden immer mehr auf mich als Pokerspieler aufmerksam und da würde man gerne Resultate präsentieren können. Es ist also für mich irgendwie eine zusätzliche, andere Art Druck entstanden.

Wenn man nicht selbst Poker spielt, ist es schwer die Varianz in dem Spiel zu verstehen. Ich bekomme dann oft Fragen zu hören wie:

„Wie viel hast du denn mit Poker schon verdient?“

Ich würde dann gerne eine positive Antwort geben. Mit meinem Gesamtgewinn bin ich nämlich alles andere als zufrieden. Leider kann ich -gerade im Moment- dann keine Antwort geben, die mein Gegenüber oder mich selbst zufriedenstellt. Es sieht zwar so aus, dass ich lifetime mit Poker ca. 2000$ im plus bin, allerdings hatte ich dieses plus auch schon im März 2018 und seitdem hat sich meine Bankroll nicht weiterentwickelt. Das nervt mich tierisch, darf allerdings auch nicht der größte Indikator sein, wenn ich die Qualität meines Spiels und meiner Entwicklung bemessen möchte. Manchmal fällt es schwer, nicht alles nur auf die eine Zahl zu reduzieren, die am Ende des Tages auf meinem Pokerkonto steht. Leider passiert es mir noch viel zu oft, dass ich Enttäuschung darüber verspüre und an meinen Fähigkeiten zweifle. Man schaltet enttäuscht den PC ab und hat nach hartem Kampf mal wieder den Tag mit einem Minus abgeschlossen.

Allerdings sollte diese eine Zahl nun wirklich nicht die einzige Komponente sein, die man beachtet, wenn man sein Spiel reflektiert. Kommen wir zu den Dingen, die mir wirklich Mut machen und viel wichtiger sind. Diese Dinge sollten auch für jeden von euch mehr zählen als der pure Profit:

  1. Mein bb/100 Hände eV lag vor Start der RYE-Masterclass bei knapp über 5bb/100 Hände. Seit dem Start der Masterclass (aktuell habe ich lediglich den preflop Content weitestgehend beendet) liegt er bei knapp über 9bb/100. Das ist eine ziemliche Steigerung und mit dem Unterschied bin ich sehr zufrieden. Die Kurve zeigt auch noch sehr steil nach oben. Seit einem Coaching bei „pandajay1“ (folgt dem Mann auf Insta) am 21.06. ist mein BB/100 sogar auf 13 hochgegangen (zugegeben ist die Sample natürlich nicht riesig, aber es sind immerhin 30k Hände). Ich kann also mit der grundlegenden Verbesserung (mir ist klar, dass ICM hier komplett ausgeblendet ist) meines Spiels durchaus zufrieden sein und es gibt ganz klare Fortschritte.
  2. Seit Anfang Mai laufe ich ca. 1,4k bb unter eV bei ca. 60k Händen. Das ist schon eine Menge. Vor allen Dingen bedeutet es, dass ich in Flips einfach einen schlechten Lauf habe. Und jeder Pokerspieler weiß, dass man ohne Flips zu gewinnen, auch in den seltensten Fällen Turniere gewinnt. Je mehr ich spiele, desto mehr sollte sich dieser Graph, dem tatsächlich realisierten Value wieder anpassen.
  3. Ich hab meine deepen Finishes analysiert. Es war tatsächlich so, dass ich von 15 Turnieren, die ich zwischen Platz 11 und Platz 30 beendet habe, in 13 Fällen in einem Spot ausgeschieden bin, in dem ich die bestmögliche Entscheidung getroffen habe. In zwei Turnieren habe ich große Fehler gemacht, einer davon war ein riesen ICM-Punt an der FT-Bubble vom Big 11. Diese Fehler zu finden und abzustellen, ist sehr wichtig. Dass ich allerdings fast immer in einem Standard-Spot ausgeschieden bin, zeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich in den Spots wieder das bessere Ende für mich habe.
  4. Bin ich in regulären Turnieren auch seit Anfang Mai immerhin breakeven. Das Minus kommt von Turbos und Hyper-Turbos, in denen man viel häufiger in varianzreiche Spots kommt. Daher spiele ich momentan nur noch Turniere mit regulärer oder langsamer Struktur.

Es soll hier keinesfalls so rüberkommen, dass ich mich über verlorene Flips oder Downswings beklage. Ich möchte nur sagen, dass uns alle ein Downswing treffen kann und wird. Es ist nur wichtig, wie man damit umgeht und welche Schlüsse man daraus zieht.

Ich werde langfristig Gewinne einfahren, weil mein Spiel sich in die richtige Richtung entwickelt, ich Tag für Tag hart dafür arbeite und ich über viele Turniere bewiesen habe, dass ich bereits jetzt ein Winning-Player bin. Allerdings wird es immer Phasen geben, in denen das Mindset auf eine harte Probe gestellt wird. In genau dieser Phase bin ich jetzt und es gibt Momente, da nervt es tierisch. Aber so funktioniert Poker.

Der nächste Upswing wird kommen und ich werde versuchen, in der Phase dann mit gutem Spiel und richtigen Entscheidungen auch monetär wieder mit meiner Entwicklung zufrieden zu sein. Und bis dahin lasse ich mich auch vom Downswing nicht unterkriegen.

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